Borken I, II
Mündliche Prüfung zum Heilpraktiker für Psychotherapie in Borken
Erfahrungsbericht zur mündlichen Prüfung in Borken im Jahr 2012
Anwesend waren ein HP, ein HPP und ein Psychiater. Alle 3 waren sehr freundlich und es herrschte eine angenehme Atmosphäre.
Um 16 Uhr wurde ich hereingebeten und gebeten, direkt neben dem Psychiater Platz zu nehmen. Nachdem er sich wirklich sehr interessiert meine Zertifikate angesehen hat, wurde ich (klassischerweise) gefragte, ob ich mich psychisch und physisch in der Lage fühle, diese Prüfung abzulegen. JA! Bin ich! Ich wurde nicht nach meinen Ambitionen gefragt, wieso ich diese Berufswahl getroffen habe, sondern es ging gleich mit dem ersten Fallbeispiel los.
Fallbeispiel in meiner mündlichen Prüfung
Eine 38-jährige verheiratete Frau, Kinder und in Teilzeit berufstätig in einer gynäkologischen Arztpraxis (er hat meine Person selbst als Fallbeispiel genommen) fühlt sich seit einiger Zeit überfordert. Sie käme den alltäglichen Aufgaben nicht mehr nach, habe Kopfschmerzen und kürzlich sei ihr sogar beim Abwasch ein Teller aus der Hand gefallen.
Sie klagt über Einschlafstörungen und Früherwachen. Schmerzen in der Herzgegend. Sie würde gerne ein Entspannungsverfahren erlernen, um zur Ruhe zu kommen. Vor Kurzem habe sie in einem sich bewegenden Busch etwas anderes gesehen (ich weiß nicht mehr, was es war), aber dann doch noch erkannt, dass es sich eben nur um den Busch handelt. Mittlerweile glaube sie verrückt zu werden. Nun ist sie froh, einen Termin bei mir zu haben in der Hoffnung, dass es ihr bald besser geht, denn sie kann nicht mehr.
Frage: Was tue ich?
Ich habe die psychopathologischen Elementarfunktionen abgefragt, nach dem Somastatus und natürlich nach Suizidalität. Nach Schmerzen im Arm, Übelkeit oder Schmerzen wegen der Möglichkeit eines Myokardinfarktes.
Psychopathologisch war alles Okay, beim Hausarzt war sie ewig schon nicht mehr, also nicht somatisch abgeklärt und über Suizid hat sie schon mal nachgedacht, aber sie könne es ja wegen der Familie nicht tun, die sie noch bräuchten. Also keine akute Suizidalität, aber Suizidgedanken!!!
Ich habe der Patientin dringend geraten, sich hausärztlich behandeln zu lassen, vor allem ein Blutbild zur Abklärung der Schilddrüsenwerte machen zu lassen, weil eine Schilddrüsenfehlfunktion ursächlich für depressive Symptome sein können. Zudem sollte eine neurologische Untersuchung durchgeführt werden wegen der Kopfschmerzen und dem Vorfall mit dem Teller.
Es könnte aus einer Erschöpfungssituation herauskommen, aber auch aufgrund eines neurologischen Ausfalls. Zudem habe ich ihr erklärt, dass sich bei dem Busch um eine illusionäre Verkennung handelt und nicht um eine Halluzination, weil sie die Situation letztlich doch richtig erkannt hat. Das kam aber etwas zögernd muss ich dazusagen. Nachdenken ist also erlaubt!!! Ich habe den Verdacht einer mittelschweren Depression geäußert. Aber ohne eine somatische Abklärung könnte ich keinen Therapieplan aufstellen.
Was können Sie zwischenzeitlich tun?
Ich habe die Möglichkeit der PMR angesprochen und stützende Maßnahmen wie Ich-Stärkung. Diese sollte ich dann erklären. Dann würde ich mit ihr ihre prämorbide Persönlichkeit besprechen, welche Interessen sie verfolgt hat, welche sie wieder aufleben lassen könnte. Dass es wichtig ist, sich jemandem zu öffnen und sie stark sei, diesen Schritt gegangen zu sein, sich helfen zu lassen. Wenn ich den ärztlichen Befund habe, kann ich mit der Patientin gemeinsam entscheiden, wie es weitergehen kann.
Das schien allen gereicht zu haben und sie nickten sich gegenseitig zu.
Zweites Fallbeispiel: Schizophrenie
Der 2. Fall war für mich schon etwas kniffliger und hat mich ganz fein ins Schwitzen gebracht. Man sollte darauf gefasst sein, dass die Prüfer einen aus der Reserve locken möchten und schauen wollen, ob man bei seinem Standpunkt bleibt oder sich verunsichern lässt. Mir jedenfalls kam es so vor und es war fast wie ein kleines Spiel.
Ein Patient mit bekannter Schizophrenie, medikamentös und psychiatrisch bereits abgeklärt, kommt zu mir in die Praxis und versichert mir glaubhaft, dass er sicher sei, sein damals behandelnder Psychiater in der Klinik sei schuld daran, dass er nun krank sei. Irgendetwas habe er ihm in den Kopf gesetzt. Er würde sich bei diesem Arzt einen Termin geben lassen, ihn zur Rede stellen und ihn abknallen.
Was tun Sie?
Ich sagte, dass er auf mich akut psychotisch wirke und die Polizei rufen würde. (*Schluck*, habe es gesagt, obwohl KEINE AKUTE Fremdgefährdung im Raum stand).
Und dann?
Bin die Vorgehensweise nach PsychKG durchgegangen.
Aber er wollte doch nicht direkt den Arzt abknallen, wieso dann Polizei?
Weil er eine Androhung gemacht hat. Ich könnte auch Angehörige informieren, um in die Praxis zu kommen, den Patienten begleiten und nicht alleine lassen. Dennoch blieb ich bei meinem Standpunkt und würde die Polizei rufen.
Aha! Und was, wenn die Polizei sagt, sie könnten ihn nicht mitnehmen?
Dann müsste ich ihn gehen lassen.
Und was, wenn er vor der Praxis rumbrüllt, er würde ihn genau jetzt erschießen wollen?
Dann würde ich wieder die Polizei rufen.
Gut!
Puuuhhh!!! Ich war etwas überfordert und gar nicht sicher, ob es nun ausreichend war oder nicht.
Was müsste ich noch tun?
Ich würde den besagten Psychiater informieren, dass er in Gefahr ist.
Sie haben doch Schweigepflicht, und jetzt?
Schon wieder! Nun gut! Mir kam da gar nicht in den Sinn, dass es einen entsprechenden Paragraphen gibt. Ich habe gesagt, dass ich meinem Instinkt folgen würde und den Arzt benachrichtigen würde, weil ich sicher wäre, richtig zu handeln. Dann hat mir der Psychiater unter die Arme gegriffen und mir diesen Paragraphen genannt, der einen in so einem Fall automatisch aus der Schweigepflicht entbindet.
Damit war der Fall beendet.
Was haben Sie für ein Gefühl?
Auch wenn mich der 2. Fall ein wenig aus der Bahn geworfen hat, hatte ich ein recht gutes Gefühl. Ich sagte, dass ich mich sehr gut vorbereitet habe und viel, viel gelernt habe. Deshalb glaube ich, es sei ganz gut gewesen (oder so ähnlich habe ich es gesagt).
Dann hat der Psychiater gesagt, dass er sich freut mir mein Weihnachtsgeschenk jetzt schon geben zu können und hat mir einen unterschriebenen Wisch in die Hand gedrückt.
35 Minuten sind vergangen und ich war so glücklich. Da noch Zeit war, wurde noch darüber gesprochen, was ich bereits gemacht habe und was ich vorhabe. Das hat mir wirklich sehr gut gefallen. Das zeigt mir echtes Interesse vonseiten der Prüfer. Alles in allem war es eine aufregende und angenehme Prüfung.
Wenn man mal nicht so schnell antwortet. Das macht gar nichts. Die Prüfer geben einem Zeit, drängen nicht und geben einem auch Hilfestellungen. Keine Gefahr für die Volksgesundheit zu sein bedeutet nicht, dass man alles bis ins kleinste Detail abrufbar haben muss. Dennoch gehört eine gute Vorbereitung definitiv dazu. Elementarfunktionen, Suizidalität, Notfälle erkennen und Gesetzeskunde sollte man schon gut lernen.
Wenn es mal wackelig ist, fragt lieber nach, wenn ihr etwas nicht verstanden habt!! Es ist besser als sich um Kopf und Kragen zu (zer)reden.
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