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Mündliche Heilpraktikerprüfung Psychotherapie
Oktober 2013
Gesundheitsamt München (München Land)
Aus dem Gedächtnis am nächsten Tag geschrieben.
Es waren drei Prüfer, Frau Teebken vom Gesundheitsamt Traunstein und zwei Herren, Herr Locher? Oder ähnlich? Und einen dritten Namen, an den ich mich leider nicht erinnere, denn er hat am meisten gefragt.
Die Atmosphäre war locker, die drei fanden sich selbst sehr witzig und ich habe zum Glück während der Überprüfung nicht darüber nachgedacht, sondern einfach mitgemacht. Das Tempo war enorm hoch. Ich hatte kaum eine Frage beantwortet, da kam schon die nächste und sie unterbrachen mich und auch sich gegenseitig manchmal. Es war aber o.k., weil es mir irgendwie gelungen ist, nicht in ihr mörderisches Tempo einzusteigen sondern mir immer wieder Atem- (und Denk- )pausen zu gönnen. Insgesamt war ich ca. 25 Minuten drin.
„Zuerst wird Frau ein paar trostreiche Worte an Sie richten.“
Teebken : „Weiß nicht, ob die trostreich sind.“
Ich: „Na, Trost brauch ich auch eigentlich nicht, vielleicht ein paar Worte, die meine Aufregung mildern.“
So war die Begrüßung.
„Wir haben ein paar Fragen an Sie, lebensgeschichtlich und was Sie machen wollen und warum Sie da eine Erlaubnis brauchen.“
Ich antwortete auf die mittlere, was ich machen will. – vor allem mit Eltern arbeiten, die durch die Geburt ihres Kindes oder später in Schwierigkeiten geraten.“
„Und ist das nicht nur eine Beratungstätigkeit? Braucht man da eine Erlaubnis?“
„Ich denke schon, ich gebe Ihnen mal ein Beispiel: Ich hatte das Glück, dass ich schon mal hospitieren konnte. Da kamen Eltern, die hatten einen Wunschkaiserschnitt machen lassen, weil sie dachten, das sei der beste Weg. Dann war das Kind da und sie stellten fest, das war gar nicht so ne gute Idee. Das Baby schlief schlecht, wachte dauernd schreiend auf, schrie viel. Die Mutter war völlig erschöpft und verzweifelt, dem Vater ging es ähnlich und die Beziehung war enorm belastet. Was haben die gemacht? Erstmal die Eltern stabilisiert, dass sie mit dem Weinen besser umgehen konnten und dann dem Baby einen Geburtsdurchgang ermöglicht.....“
Das schien ihnen zu reichen, denn da wurde mir schon ein Fallbeispiel hingeschoben. (schade, ich hätte noch viel zu sagen gehabt....)
Das Fallbeispiel ging in etwa so: Ein 41-jähriger Mann in guter Alltagskleidung kommt zu ihnen in die Praxis. Er wirkt fröhlich, dynamisch und redet viel. Eigentlich wisse er gar nicht, was er bei Ihnen soll, aber sein bester Freund habe ihn hergeschickt. Eigentlich gehe es ihm blendend. Er habe sich letzte Woche ein neues Auto gekauft. Außerdem wolle er jetzt eine Firma gründen, er habe eine Geschäftsidee. Ja, er kenne auch andere Phasen, da gehe es ihm schlecht, er komme nicht aus dem Bett, fühle sich müde und erschöpft, habe zu nichts Lust. Aber daran wolle er jetzt gar nicht denken, jetzt sei alles anders. Im Vertrauen erzählt er Ihnen, dass er letzte Woche zum ersten Mal im Bordell gewesen sei, das sei eine ganz neue, tolle Erfahrung gewesen. Nach einer halben Stunden, in denen Sie im Grunde nicht zu Wort gekommen sind, verlässt er Ihre Praxis mit den Worten: „Sehen Sie, ich wusste ja, dass ich Sie nicht brauche, aber jetzt konnten Sie sich selbst ein Bild von mir machen, da wird mein Freund beruhigt sein.“
„Was denken Sie über diesen Fall?“
Ich zähle die Symptome auf, die für eine manische Episode sprechen und dann die Symptome, die für eine depressive Phase sprechen und dass es sich deshalb vermutlich, um eine bipolare Störung handelt.
„Was sind die Kriterien nach ICD-10?“
Ich nenne sie. Sie Fragen: „Warumwerden nur manisch rezidivierende Verläufe bipolar genannt?“. Ich sage, das wüsste ich nicht, darauf habe man sich wahrscheinlich einfach geeinigt. Das wars dazu.
„Was sind die Kriterien für eine manische Phase?“
Ich zähle sie auf.
„Und die für eine depressive?“
„Aha, ein Morgentief, was ist denn das? Gibt’s auch ein Abendhoch?
Was könnte der Mann denn noch haben?“
Da stutzte ich kurz, dann: „Naja, eine organische Verursachung könnte es geben.“
„Was könnte das denn sein?“
Ich hab nicht wirklich Ahnung und sage: „Ich könnt mir vorstellen, dass ein Hirntumor solche Symptome macht oder auch eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Aber ich würde den Mann eh zum Psychiater schicken, denn er braucht stimmmungsstablisierende Medikamente und so ein Psychiater, der hat ja differntialdiagnostisch viel mehr Ideen als ich.“
Da lachten sie und waren offenbar zufrieden.
„Was könnte er denn noch haben?“
Ich zögere irgendwie. „Na, wenn einer so aufgedreht ist, was könnt er haben? Helfen sie mir.“
„Einen Rausch!“
„Alkohol oder Drogen nehmen. Es könnte auch sein, dass er das als Selbstmedikation verwendet....“
„Genau. Er könnte einen Vollrausch haben, das würden Sie aber wahrscheinlich merken, hoffe ich.„
„Ja, das glaub ich auch, dass ich das merken würde. Wahrscheinlich würde er riechen oder....“
„Wie finden Sie denn heraus ob er trinkt?“
„Ich frage ihn trinken Sie manchmal Alkohol?“
„Ja, aber nicht mehr als andere, ab und zu.“
„Was heißt denn ab und zu?“
„Ja, mal abends ein Glas Wein.“
„Hm jeden Tag?“
„Ja, naja.“
„Würde Ihr Freund sagen, dass das mit dem Alkohol manchmal zu viel ist?“
„Naja der!“
Ich sag: „Ja, dass er mir das beschönigen wird, wie viel er trinkt ist mir auch klar (weil mir das Rollenspiel irgendwie zu albern wurde) und das wollten sie wohl auch hören.“
„Was wäre denn das Problem, wenn er öfter mal einen Vollrausch hätte?“
„Naja, er könnte z.B. ein Delir entwickeln und das kann lebensbedrohlich sein.“
„Was ist denn das?“
„Das Leitsymptom ist die Bewusstseinsstörung, aber es gibt auch globale Störungen in den anderen Bereichen. Wollen Sie die hören?“
Sie schütteln gelangweilt die Köpfe.
„Drogen haben Sie gesagt, welche Drogen müsste man nehmen, damit es einem so geht?“
„Hm. ich weiß, dass Kokain eine euphorisierende Wirkung hat und die Partydrogen glaub ich auch.“
„Ja, was wäre denn das Problem, wenn er Kokain nimmt?“
„Na, gesund ist das sicher nicht. Er könnte alle möglichen körperlichen Schäden haben (heißt ich hatte keine Ahnung.)“
„Und es ist illegal!“
„Ja, stimmt, es ist illegal.“
„Was könnte er denn für Schäden haben?“
„Hm, Ich weiß, dass es beim Entzug zu Halluzinationen und Wahn kommen kann.“
Sie nicken. „Und vorhin haben sie doch Delir gesagt, was denn noch?“
Irgendwie helfen sie mir so, dass ich auf Krampfanfälle komme. Was denn das Problem an Krampfanfällen sei, so ein Epileptiker sterbe doch auch nicht jedes Mal. Dasfanden sie ziemlich witzig, dass der ja nur einmal sterben kann und nicht jedes Mal, hahaha.
Ich: „Sie können das Gehirn schädigen.“
„Ja, und wenn er aufrecht steht und dann hat er einen Krampfanfall?“
Ich: „Dann fällt er um, haut sich den Kopf auf, ist tot.2
„Genau.“
„Was könnte er denn sonst haben?“
„Wie nennt man das denn, wenn jemand so überaktiv ist?“
„ADHS!“ (Ich find das differentialdisgnostisch ziemlich an den Haaren herbeigezogen, aber na gut....)
„Was ist denn das? Gibt es das überhaupt im Erwachsenenalter?“
„Nein, die ICD-10 sagt nein, da muss es ihm Kindesalter angefangen haben.“
„Ja, da streitet man sich, ob es das im Erwachsenenalter gibt, manche sagen ja, andere nein, aber wenn man das DSM-IV aufschlägt?“
„Na, da gibt es das, daher haben wir auch den Begriff, den wir benutzen. ADHS, so heißt es ja gar nicht im ICD-10.“
„Ich find das übrigens toll, dass Sie mich das gerade fragen, ich hab nämlich zufällig grad gestern einen Artikel gelesen. Wenn Sie das interessiert, würde ich es Ihnen gern erzählen?“
Keine Reaktion.
„Also da ging es um ein kleines Dorf, da wurde ein Mobilfunkmast aufgestellt. Und man hat über anderthalb Jahre verschiedene Sachen gemessen, u.a. das PEA (Anmerkung: Phenylethylamin ist jener Stoff, den man mit Ritalin auszugleichen versucht [Anmerkung des Verlags: Methylphenidat (Ritalin®) ist ein Dopamin-Wiederaufnahmehemmer]) und man hat festgestellt, das nach einer gewissen Zeit das PEA absinkt und sich auch nicht wieder erholt.“
Teebken: „Dann haben wir wohl besser keinen Mobilfunkmast in der Nähe.“
Ich: „Ja. So ist es.“
„Wenn jetzt dieser Maniker zu ihnen kommt, was machen Sie denn jetzt mit ihm?“
„Ich ermutige ihn zum Psychiater zu gehen.“
„Wie machen Sie das?“
„Ich sage, jetzt wo er so viel Energie hat, da wäre es doch vielleicht schlau, sich für die Zeiten, in denen es ihm so schlecht geht, Hilfe zu holen.“
„Ja, das wäre die Schiene, für wie wahrscheinlich halten Sie es denn, dass er das macht?“
„Naja, schon nicht so wenig wahrscheinlich.“
„Sie hatten noch nicht so viel mit Manikern zu tun!“
„Nee. (gedankliche Anmerkung: ich hab ja auch noch keine Erlaubnis)“
„Wann wäre er denn erreichbarer?“
„Na sicher in der depressiven Episode.“
„Genau.“
„Jetzt kommt er dann zu Ihnen. Was machen Sie denn?“
„Ich kläre die Suizidalität ab?“
„JA, auch gern. Aber sonst.“
„Ich schicke ihn zu einem Psychiater, der kann ihm Medikamente verschreiben.“
„Jetzt geht es ihm immer besser, da könnte man doch sagen, schöner Therapierfolg.“
„Ja, aber bei einer bipolaren Störung ist es wahrscheinlich, dass es dann wieder in die Manie kippt.“
„Ja, also was machen Sie.“
„Ich erarbeite mit ihm Frühwarnzeichen, dass er beim nächsten Schub....“
„Also haben wir das jetzt auch tot geschlagen?“ Die anderen nicken. „Dann kannst du jetzt fragen.
Aber das hast du doch jetzt schon?“
„Achso. Naja. Also angenommen, er ist verheiratet. Jetzt sagt seine Frau, sie findet das nicht mehr so toll, der bringt unser ganzes Geld durch. Was könnte man da machen.“
„Eine Betreuung anregen.“
„Wie geht das?“
„Beim Betreuungsgericht.“ „Wozu gehört das?“ „Zum Amtsgericht – usw.“ Das wollten sie ziemlich genau wissen, wer da alles beteiligt ist und wie das Verfahren funktioniert. Dass er angehört werden muss, der Richter, ein Sachverständigengutachten, der zu Betreuende, ein Verfahrenspfleger – warum? - der Betreuer.
„Wer kann nicht Betreuer sein?“
„Minderjährige?“ „Selbst Betreute?“
„Was wäre denn mit dem Bordellbesitzer?“
„Nee, der wäre ja im Interessenkonflikt.“
„Genau. Die Krankenschwester vom Heim, in dem die alte Dame untergebracht ist, die wäre auch im Interessenkonflikt mit ihrem Chef und könnte deshalb nicht Betreuerin werden.“
„Aber jemand vom Betreuungsverein.“
„Für welche Bereiche wäre denn die Betreuung?“ „Vermögensverwaltung. Sorge für die Gesundheit.“
„Genau, dann kann der Betreuer sagen, du gehst da jetzt hin und nimmst die Medikamente.“
„Habt ihr noch Fragen?“
„Dann haben Sie jetzt bestanden.“
Ich hoffe, das Protokoll hat euch geholfen und ich wünsch euch viel Erfolg bei der Überprüfung!