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Mündliche Heilpraktikerprüfung Psychotherapie
November 2013

Gesundheitsamt München

Fall

Ein 27 Jahre alter Mann kommt ihn ihre Praxis. Sein Anliegen ist ihm sichtlich peinlich, er sieht beim Sprechen zu Boden. Er erzählt, seine Freundin habe ihn aufgefordert nun endlich etwas zu unternehmen, da sie es mit ihm so kaum noch aushalte und sie sich überlege sich von ihm zu trennen, sollte er sich nicht endlich helfen lassen.
Er erzählt, wenn er morgens zur Arbeit fahre, plane er schon immer etwas mehr Zeit ein, da er sich nach dem Abstellen des Fahrzeugs mehrfach versichern müsse, ob sein Auto auch wirklich zugesperrt sei. Dazu müsse er dann mehrmals zum geparkten Auto zurückgehen, um dies zu kontrollieren. Wenn er mal nicht mit dem Auto, sondern mit dem Fahrrad fahre, zähle er alle Autos, die ihm auf dem Arbeitsweg begegneten.
Weiter schildert er, wie er nach der Arbeit, wenn er nach Hause kommt, auch schon mal Alkohol trinkt und für einen besseren Schlaf, Schlaftabletten einnimmt.

Meine Vorgehensweise:

  1. Schilderung der Gesamtsituation:
  • Der Klient leidet an einem Kontroll- und einem Zählzwang
  • Er kam aufgrund des Drucks seiner Freundin
  • Zur Entlastung & Entspannung scheint er am Abend zu trinken
  • Um besser einzuschlafen: Schlaftabletten
  • Stimmung ist gedrückt
  • Klient scheint Leidensdruck zu empfinden
  1. Frage Prüferin.: Nennen Sie die Kriterien nach ICD-10 einer Zwangsstörung

Habe ich mit meinen Worten genannt.

  1. Anschließend bin ich auf Alkohol- und Tablettenkonsum eingegangen. Habe den Patienten gelobt, dass er jetzt käme, da sein Alkoholkonsum noch nicht chronisch zu sein scheint. Ich würde den Klienten nach seinen Konsumgewohnheiten fragen (Menge und Frequenz) und ihm empfehlen sich als erstes einer Selbsthilfegruppe anzuschließen (z. B. AA oder blaues Kreuz) > Auch noch mal kurzes Aufgreifen der Schlaftabletten und Überleitung meinerseits auf die Frage an den Klienten, ob er früher schon einmal an einer Depression litt.
  1. Frage Prüferin: Nennen Sie mir nach ICD-10 bitte die Kriterien einer leichten depressiven Episode.

Das habe ich gemacht und gleichzeitig noch die Kriterien für die mittelgradige und schwere depressive Episode, mit/ohne somatischem Syndrom und mit/ohne psychotischem Syndrom, genannt. Kommentar: danke, das reicht.

  1. Ich habe ungefragt das Thema auf die gedrückte Stimmung des Klienten geleitet und das Thema Suizidalität angesprochen.
  1. Frage Prüferin: Was ist der Unterschied zwischen Wahn und Zwang?

Wahn: Ich-synton, Zwang Ich-dyston.
Im Wahn erschafft sich der Betroffene seine Privatwirklichkeit, fühlt sich verfolgt, bezieht Dinge auf sich, die ihn nicht betreffen – er ist nicht überstiegsfähig.
Bei Zwang erlebt er seine Gedanken, Impulse oder Handlungen als unsinnig.

  1. Frage Prüferin: Können Sie mir den Unterschied zwischen einem Zwang und einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung schildern?

Zwang: Ich-dyston, zwanghafte Persönlichkeitsstörung: Ich-synton, da die PS bereits im Jungendalter beginnt und die Charakterzüge als zur Persönlichkeit zugehörig empfunden werden.
Zwang gehört zu den neurotischen Störungen, d. h. ein intrapsychischer, unbewusster Konflikt darf nicht ins Bewusstsein gelangen, Folge: Zwangsentwicklung.
Beide Personen erleben Leidensdruck, wobei dieser beim Zwängler größer ist, er wehrt sich ja erfolglos gegen den Zwang. Bei der anankastischen PS empfindet der Betroffene auch Leidensdruck, allerdings geringer, da er bemerkt, dass er im sozialen Kontext Schwierigkeiten hat und aneckt.
PS ist nicht heilbar > nur Verbesserung im Alltagserleben durch VT; Zwang schon.

  1. Frage Prüferin: Wie geht es für den Betroffenen weiter?
  • sich um Alkoholproblem kümmern
  • zum Psychiater > medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva
  • kognitive Verhaltenstherapie beginnen (sich im Rahmen der Exposition den negativen Gefühlen stellen.... bei dem Wort Exposition kam ein Nicken und das Thema reichte der Prüferin damit so.)

Anmerkungen:

Zu Beginn die Frage, was ich bisher beruflich gemacht habe und wie ich mich auf die Prüfung vorbereitet habe.
Was sichtlich gut ankam war das Erwähnen des gemeinsamen Lernens in der Lerngruppe (zusammen mit Ergotherapeutin und Beraterin des Traumahilfezentrums) sowie der Verweis auf gemeinsames Lernen mit befreundeter Ärztin, die in der Psychiatrie tätig ist.
Keine Frage zu meiner Therapiemethode/Ausbildung, keine Fragen zum Recht.

Das Gespräch konnte ich sehr gut lenken. Die drei Prüfer haben mich sehr lange sprechen lassen. So war es möglich, wenn ich auch mal ein Symptom nicht parat hatte, einfach auf ein nahes anderes Thema überzuleiten.
Alle drei Prüfer waren freundlich, fair und sehr angenehm. Keine Spielchen, keine „Tests“ zu meiner Person.